Bad Homburg v. d. Höhe. Keiner mag sie, den Kleinen Schluckspecht, den Alten Dosenhopf, das Großmaulige Blattwerk oder den Geknickten Dürstling – ja, sie zählen zu den unbeliebten „Naturbewohnern“. Wer kundig in Fauna und Flora ist, wird sich wundern – denn von diesen Tierwesen dürfte er oder sie noch nie etwas gehört haben.
In der Feldflur rund um Bad Homburg werden aktuell neue Schilder aufgestellt, die auf eine besondere Art und Weise zum Innehalten und Nachdenken einladen sollen. Auf den Schildern sind etliche Fabelwesen aufgeführt, die der Natur schweren Schaden zufügen. Hinter dem Kleinen Schluckspecht verbergen sich beispielsweise weggeworfene Flaschen, hinter dem Alten Dosenhopf unsachgemäß entsorgte Dosen und das Großmaulige Blattwerk und der Geknickte Dürstling stehen für in der Natur entsorgtes Papier und Plastikflaschen.
Auf den Schildern wird genau erklärt, welcher Müll wie lange braucht, um in der Natur zu verrotten (ein gemeiner Plastikbeutel bis zu 120 Jahre, eine Dose bis zu 500 Jahre). Zu guter Letzt wird auf den Plakaten dafür geworben, die „rasante Vermehrung dieser Naturbewohner“ zu stoppen und sie wieder in ihren natürlichen Lebensraum zu bringen in den Abfalleimer.
Ranger Boris Heinrich, der für die Kampagne verantwortlich zeichnet, setzt also nicht nur auf Verbote oder erhobene Zeigefinger, sondern auf einen menschlichen, reflektierenden Ton: „Wir versuchen so den Menschen ins Gewissen zu reden, ohne zu bevormunden oder den Schulmeister zu spielen. Es muss ein Ruck durch die Gesellschaft gehen – ein Ruck, die Augen nicht mehr zu verschließen.“
Die neu gestalteten Schilder stehen an besonders konfliktträchtigen Bereichen und sprechen Themen an, die offensichtlich für so manchen in Vergessenheit geraten sind: Rücksicht auf Natur, Mitmenschen und landwirtschaftlich genutzte Flächen nehmen.
„Was früher selbstverständlich war, wird heute zu oft ignoriert oder übersehen“, weiß auch Bürgermeister Dr. Oliver Jedynak. Besonders kritisch sieht er das zunehmende Littering: „Ist es so schwer, seinen mitgebrachten Müll in den nächsten Behälter zu werfen oder wieder mitzunehmen?“
Ein weiteres Reizthema ist der Hundekot - insbesondere auf Feldern. „Da fehlen mir nicht nur die Worte, sondern auch jegliches Verständnis“, erklärt der Ranger. Die Hinterlassenschaften der Hunde sind nicht nur ein hygienisches Problem, sondern gefährden auch die Gesundheit von Wild- und Nutztieren. „Hundekot kann Infektionsquellen für Krankheiten enthalten, gegen die unsere Tiere nicht immun sind. Zudem beeinflusst er die Ernte negativ, stört das Pflanzenwachstum durch Überdüngung und bringt Landwirte um ihren Lohn.“
Heinrich kennt auch die typischen Ausreden von so manchem (und bei weitem nicht von allen) Hundehaltern: „Was macht denn mein Hund anders als ein Hase?“ – Die Antwort hat der Ranger sofort parat: eine ganze Menge. Hunde fressen industriell verarbeitetes Futter, nehmen Medikamente, werden geimpft – und scheiden entsprechend veränderte Stoffe aus. Laut Hundeexperte Martin Rütter enthält Hundekot Krankheitserreger wie Würmer, Bakterien und Viren, die auf Mensch und Tier übertragbar sind. „Das Einsammeln und Entsorgen von Hundekot ist ein Zeichen der Rücksichtnahme auf andere Menschen und Tiere“, betont Heinrich.
Die Schilder-Aktion soll zum Nachdenken anregen und eine Debatte über den respektvollen Umgang mit Natur und Mitmenschen anstoßen – bevor Regelverstöße durch Bußgelder geahndet werden müssen.