Kaum ein archäologisches Thema erfährt so viel Aufmerksamkeit wie die älteste Kunst des Menschen, denn aus Höhlen der Schwäbischen Alb kennen wir über 36.000 Jahre alte, meisterhaft gefertigte Elfenbeinfiguren. Es ist hingegen wenig bekannt, dass Fundstellen dieser Zeit auch aus Hessen überliefert sind. Lange waren Funde des sogenannten Aurignacien nur aus der Lahntalhöhle Wildscheuer bekannt, die 1954 für den Kalkabbau gesprengt wurde. Einem Glücksfall ist es zu verdanken, dass vor einigen Jahren ein kleiner Lagerplatz aus der Zeit des frühen modernen Menschen bei Friedrichsdorf-Seulberg durch ehrenamtlichen Einsatz entdeckt wurde und nun mit modernen Methoden untersucht werden kann. Nach einer Übersicht zur Ausbreitung von Homo sapiens in Europa und zur kulturellen Ausstattung des frühen modernen Menschen wird der Vortrag die Ausgrabungen an der Fundstelle bei Friedrichsdorf vorstellen. Was verraten uns die dort entdeckten Funde über das Leben in eiszeitlicher Umwelt vor 34.000 Jahren in Hessen?
Thomas Terberger ist als Referent für Jägerische Archäologie am Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege beschäftigt und ist außerplanmäßiger Professor an der Universität Göttingen. Er hat Ur- und Frühgeschichte an der Universität Köln studiert und sich dort auf die jüngere Altsteinzeit (Jungpaläolithikum) spezialisiert. Nach Stationen an den Universitäten Mainz und Greifswald ist er seit 2013 in Niedersachsen tätig. In Hessen hat er seit den frühen 1990er Jahren Grabungen in Wiesbaden-Igstadt, Dreieich-Götzenhain und Friedrichsdorf-Seulberg geleitet. In den letzten Jahren hat er u. a. Projekte zur Untersuchung des mittelsteinzeitlichen Gräberfeldes von Groß Fredenwalde (Brandenburg) und der Überreste eines bronzezeitlichen Gewaltkonfliktes im Tollensetal (Mecklenburg-Vorpommern) initiiert.